SVP setzt auf Stufe Gemeinde auf Sachpolitik

ANDELFINGEN 
Ein Ersatzredner und 16 Kandidierende für Behördenämter – die SVP des Bezirks hat in die «Autohalle» geladen. Die Voten verrieten: Das Partei-Etikett ist nicht unbedingt ein Vorteil.

Zum Beispiel Susanne Friedrich aus Ellikon am Rhein. Sie ist seit 2002 Gemeinderätin in Marthalen, zuständig fürs Soziale und möchte wiedergewählt werden. Sie vertrete den Bezirk in der Sozialkonferenz, will sich nun auch wegen der Ukraine-Flüchtlinge gern weiter einsetzen. Ja, es seien viele interessante Aufgaben, sagte sie, «auch als SVP-Mitglied».
Oder Martin Farner-Schmid aus Guntalingen. Er machte sich für die Fusion in Stammheim stark, wurde in der Ersatzwahl im Dezember 2019 in den Gemeinderat gewählt und tritt wieder an. Man könne sich auch als SVPler durchsetzen, er habe anfangs aber «viel Widerstand gespürt».

Ein Kandidat, der polarisiert
Das sind zwei Aussagen von Behördenmitgliedern der grössten Partei im Bezirk, die am Mittwochabend ihre Kandidatinnen und Kandidaten für die Gemeindewahlen vom 27. März vorgestellt hat. Knapp 80 Personen kamen, gross-mehrheitlich aus dem eigenen Lager.
Eine grosse Parteivielfalt zeigt sich bei der Auswahl in die Sek Kreis Andelfingen. Für die SVP stellt sich Alexander Segert zur Verfügung – bei ihm kommt noch ein anderes Etikett dazu: Der Werber der Partei wird mit vielen nationalen Kampagnen und Sujets in Verbindung gebracht, die polarisieren. Dessen ist er sich bewusst. Er mache mit der Agentur Sachen, die andere nicht machen würden, sagt er später unter vier Augen. Muss man Angst haben vor einem Schulpfleger Segert? «Ich glaube nicht», sagt er. Nach einem Gespräch höre er oft, sie hätten ihn sich anders vorgestellt. Beruflich gehe es ihm um die Sache und darum, Lösungen zu finden, die tragfähig, aber nicht zwingend die eigenen und vielleicht deshalb erfolgreich seien. «Kompromisse sind Teil meiner Arbeit.» Er sieht sich als Bereicherung für eine Behörde, als kritischen Geist, der hinterfragt. Und der den pädagogischen Gedanken kenne und wisse, was Lehrer beschäftige. Denn «in meinem früheren Leben war ich Lehrer.» Das war in den 90er-Jahren. Mit einstigen Gymischülerinnen und -schülern im Lee in Winterthur stehe er immer noch in regelmässigem Kontakt, es seien lebhafte Diskussionen.
Für die Schulpflege meldete er sich nach dem Aufruf der aktuellen Behörde, es fehlten Kandidaturen. Nun ist die Liste auf elf Personen (für sieben Sitze, siehe Seite 12/13) angewachsen, zurückziehen wollte er nicht. Was er will: sich für eine berufsorientierte Bildung einsetzen. Wie es in Andelfingen sei, wisse er zwar nicht. Aber Lernende in seiner Werbeagentur hätten zum Teil grosse Defizite, was Sprache und Ausdrucksweise betreffe.

Auch zu Hause in der Minderheit

Bezirksparteipräsident Paul Mayer (Marthalen) führte durch den Abend und bat die Kandidatinnen und Kandidaten in der Reihenfolge der Ortschaften, sich vorzustellen. Die grössten Delegationen stellten Marthalen und Feuerthalen mit je vier Personen. Matthias Stutz (Marthalen) möchte Gemeindepräsident bleiben. Geeignet dafür, die Behörde mit sich erneut abzeichnender Frauenmehrheit zu führen, sei er, weil er und sein Sohn in der sechsköpfigen Familie auch in der Minderheit seien.
Kandidierende für Schulpflegen betonten die Wichtigkeit der Bildung und den Wunsch Bindeglied zu den Eltern sein zu wollen. Auf Stufe Gemeinde ist die Zukunft der Jungen ein Anliegen, der Draht zu Bürgerinnen und Bürgern, schlanke Strukturen, ein aktives Kleingewerbe und Familienfreundlichkeit. Ein bisschen politisch wurde einzig Vanessa Monhart, die für die Schulpflege Trüllikon kandidiert und findet, ein Rechtsrutsch in der Behörde würde nicht schaden.
Der angekündigte Regierungsrat Ernst Stocker fehlte krankheitshalber. Ersetzt wurde er durch Kantonsrat Tobias Weidmann (Hettlingen), der redegewandt die Folien des Zürcher Finanzdirektors präsentierte und eine Inflation voraussagte. Die Zügel anzuziehen durch Zinserhöhungen sei in ganz Europa und anders als in den USA nicht möglich, weil zu viel Geld im Umlauf sei. Die SVP bezeichnete er als die einzige Partei, die in Sachen Sicherheit («ist nicht delegierbar»), Energie und Staatsausgaben (tief halten) nie die Meinung geändert habe.